Jeanette Ast ist seit 2002 bei der Bundeswehr. Ein Jahr vorher wurde es auch für Frauen möglich, Offizier in fast allen Bereichen der Bundeswehr zu werden. Sie erzählt mehr über den Beruf eines weiblichen Offiziers und über den Platz von Frauen in der Bundeswehr.
Hauptfrau gibt es nicht. Frau Hauptmann Ast, so werde ich genannt.
Das war ein kleiner Jugendtraum von mir. Ich habe Abitur gemacht und, weil ich sehr sportlich bin, wollte ich in meinem Beruf etwas körperlich machen. Dann kam mir die Idee mit der Bundeswehr durch Nachbarn, und es hat funktioniert. Fast zehn Jahren ist es her.
Sie haben zunächst komisch bzw. skeptisch reagiert, weil es neu und ganz ungewohnt war, gerade bei Schulkameradinnen, die alle in die Hotelbranche oder in die Gastronomie gegangen sind. Aber sie fanden es toll, weil es für eine Frau oder für ein Mädchen so untypisch ist. Sie haben mich schon unterstützt, meine Familie auch.
Ich hatte drei Monate Grundausbildung, wie jeder. Danach ging es zur Spezialgrundausbildung. Es gibt viele unterschiedliche Bereiche: Heer, Luftwaffe, Marine, usw.. Und diese Bereiche unterteilen sich noch mal, u.a. in Panzergrenadiere oder in Artilleristen. Mein Bereich ist die ABC-Abwehrtruppe, dafür wurde ich speziell ausgebildet. Dann bin ich ganz normal in die Offizierlaufbahn gekommen.
Wir sind die deutsche Armee, also ist Deutsch Grundvoraussetzung. Es ist gut und förderlich, wenn man Englisch kann, aber keine Voraussetzung. Für die Offizierslaufbahn sollte man aber Englisch können.
Ich war lange bei der ABC-Abwehrtruppe, also richtig in der Truppe mit Soldaten, die ich geführt habe und für die ich verantwortlich war, mit denen ich auch im Einsatz war. Im Moment ist es so, dass ich eine sitzende Tätigkeit ausübe. Ich habe hier einen Schreibtisch mit einem Dienstrechner. Ich plane und bringe zu Papier, was dann umgesetzt wird.
Jeder Tag ist anders, man hat viele Soldaten unter sich und jeder hat seine eigenen Problemchen und Nöte. Frühmorgens haben wir unser Antreten gemacht, und kontrolliert, ob jeder da ist. Dann habe ich meine Soldaten übernommen und mit ihnen das Dienstgeschehen praktiziert: entweder Schießausbildung oder Allgemeinausbildung, Waffenausbildung, mal Marsch, mal Sportausbildung. Und so habe ich von 7 Uhr bis 16.30 meine Soldaten begleitet.
Grundsätzlich sind die Anforderungen an Frauen und Männer gleich. Es gibt schon Abstufungen, im Sport oder im Marsch. Für die eine oder andere Frau ist es sehr anstrengend. Es gibt aber auch viele Frauen, die die Leistungen der Männer schaffen.
Ich schminke mich weder im Einsatz noch hier. Ich bin nicht der Typ dafür. Aber es gibt auch Frauen bei der Bundeswehr, die dezent geschminkt sind.
Wenn es jahrelang eine Männerdomäne war und dann kommen die Frauen, ist es natürlich schwierig, damit umzugehen. Seit 2001 sind zehn Jahre vergangen. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt, dass jetzt Frauen in fast allen Bereichen der Bundeswehr integriert sind. Am Anfang musste man zeigen, dass man durchaus in der Lage ist, das Gleiche zu leisten wie die Männer.
Ja. Damals hatte ich ca. 45 Männer und ca. 7 Frauen. Der Frauenanteil war schon sehr hoch.
Für mich ist es so, dass ich mich in erster Linie für den Beruf entschieden habe und mit der Familienplanung einfach noch warte. Aber Kameradinnen von mir, die auch Offizier sind, haben Kinder bekommen und es gab keine Probleme mit der Bundeswehr.
Wenn man zur Bundeswehr kommt, erklärt man sich damit einverstanden, dass man zum Auslandseinsatz geht. Ich habe mich freiwillig gemeldet, weil es für mich eine neue Herausforderung stellte.
Im Ausland hat man keinen geregelten Arbeitstag, und man ist 24 Stunden lang Soldat. Man fängt trotzdem gegen 7 Uhr an, man guckt, ob alle da sind, und dann macht man seinen Tagesablauf in dem Aufgabenfeld, in dem man eingesetzt ist. Bei mir war es u.a. die Wasseraufbereitung. Wir haben aus schmutzigem Wasser sauberes Wasser gemacht für die Soldaten. Wasser braucht man jeder Zeit: Früh, zum Zähneputzen, abends zum Duschen, es muss rund um die Uhr verfügbar sein.
Die Wetterverhältnisse ließen keine richtige Weihnachtstimmung aufkommen, es herrschten Temperaturen um die 12 C°. Dennoch hat man versucht, allen Soldaten die Weihnachtszeit, trotz der weiten Entfernung zur Heimat und seinen Lieben, so angenehm wie nur möglich zu gestalten. An jedem Abend der Adventssonntage wurde u.a. im Feldlager in Mazar-e-Sharif ein kleiner Weihnachtsmarkt betrieben. Man konnte ganz viele selbstgemachte Waffeln essen, einen kleinen Glühwein trinken, Weihnachtsmusik hören oder eine Bratwurst oder Steak essen.
Der eigene Wohn- und Arbeitsbereich wurde der Weihnachtszeit entsprechend ausgestaltet, wenn man es wollte. Es wurden echte Weihnachtsbäume, Weihnachtsschmuck und Dekoration beschafft und somit konnte man es sich ein wenig gemütlich gemacht. Viele Soldaten haben Ihre geschickten Plätzchen, Stollen und Lebkuchen, mit allen geteilt, so dass auch Soldaten, die vielleicht keine Post oder Pakete erhalten haben, nicht traurig oder bedrückt sein mussten. Das zeigt u.a., dass man doch gerade auch in der Weihnachtszeit im Einsatzland, noch ein Stück näher zusammenrückt!
Vorteil nicht, eher Nachteil. In solchen Ländern hat die Frau einen niedrigeren Stellenwert als der Mann.
Unterschiedlich. Es gibt Personenkreise in Afghanistan, die unsere Kultur genauso akzeptieren, wie wir deren Kultur akzeptieren und auch wissen, dass eine Frau durchaus eine Entscheidungsbefugnis hat über gewisse Dinge. Manchmal merkt man aber « Okay, der möchte sich lieber mit einem Mann unterhalten ». Da wir nie allein unterwegs sind, tritt man automatisch einen Schritt zurück, und lässt die Gespräche von Mann zu Mann führen.
In Afghanistan ist das unmöglich. Man kann nicht auf eigene Faust irgendwohin fahren. Die Freizeit verbringt man im Lager. Man beschäftigt sich mit Sport, es gibt Fitnesshallen, wo man sich ein bisschen austoben kann. Einer der wichtigsten Tage im Einsatz ist der Posttag, wenn Briefe von zu Hause kommen. Dann zieht man sich zurück, liest die Briefe, erfreut sich daran. Man liest ein Buch und kann fernsehen, obwohl nicht viele Programme zur Verfügung stehen. Auf einmal mag man ganz andere Sendungen, die man sich früher sonst nie angeschaut hat. Man beschäftigt sich selbst.
Ich habe das Glück, dass ich noch nie in einem Gefecht involviert war. Angst hat man gerade dann, wenn man im Land unterwegs ist. Wer sagt, er habe keine Angst, lügt.
Nein. Es gibt die Möglichkeit, dass man sein Leben lang bei der Bundeswehr bleibt oder nur für bestimmte Jahre. Ich bin Soldat auf Zeit für 12 Jahre, meine Dienstzeit endet nächstes Jahr. Es ist zu kurz, um General zu werden.
Ich studiere neben meiner Dienstzeit noch, das mache ich im Fernstudium.
Wenn jemand sich vorstellen kann, zur Armee zu gehen, würde ich ihn natürlich positiv motivieren. Man lernt viele Menschen, viele Länder kennen, man bekommt eine gute Ausbildung. Man wird auch gefördert, unterstützt, man lernt die Kameradschaft. Was bedeutet das? Zum Beispiel bei euch in der Klasse ist es der Zusammenhalt. Es entwickelt sich so eine Gemeinschaft. Und es ist ganz toll.
------------- Interview der Bösen Wolf in der Zeitung