Julia Jentsch hat mit den Kinderreportern des Bösen Wölfes gesprochen: über den anstrengenden und spannenden Beruf einer Schauspielerin, ihre Erfahrung im Kino und im Theater und über die Figur der Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die sie verkörpert hat.
Julia Jentsch: Das Interesse daran habe ich bekommen, als ich selber im Theater saß, und das war schon im Kindergarten. Das war etwas ganz Besonderes. Viele Menschen, die zusammenkommen, erzählen eine Geschichte, und dann teilt man diese Gefühle, man lacht zusammen oder ist traurig nach einer Geschichte. Dann bin ich in eine Theater-AG vom Gymnasium gegangen. Ich war am Anfang auch sehr gespalten. Ich wollte es unbedingt ausprobieren, und gleichzeitig war ich aber sehr schüchtern, ich hatte sehr viel Angst davor. Das war immer ein Hin und Her. Da war die Lehrerin sicherlich ganz toll, dass sie uns ein bisschen unterstützt hat.
Julia Jentsch: Fast jede einzelne Sache, die ich gemacht habe, egal ob ein Kinofilm oder etwas für das Fernsehen oder im Theater, habe ich als Herausforderung wahrgenommen. Es ist immer mit einer Anstrengung verbunden und nie mit einem Gefühl, dass man es jetzt wirklich geschafft hat. Beim Theater spielt man ja ein Stück manchmal 70 Mal, und dann kann man das immer weiter verändern, ausprobieren.
Julia Jentsch: Ist gar nicht so lange her. Bei einem Stück lag sehr viel Krempel auf dem Boden, heftiger Streit zwischen Mutter und Tochter, und schon passierte es. Ich glaube, das Publikum kriegt das manchmal gar nicht mit, weil es denkt, das war so geplant.
Julia Jentsch: Immer anders. Vielleicht wird man es nie verstehen, wovon das immer abhängt. Manchmal freue ich mich auf eine Vorstellung, habe ganz große Lust, auf die Kollegen, auf die Rolle, auf den Theaterabend. Manchmal denkt man, oh Gott, oh Gott, ich will da jetzt gar nicht raus. Das hat auch mit der Stimmung im Publikum zu tun. Das merkt man auch immer gleich, wenn man auf die Bühne kommt: Ist das Publikum sehr unruhig heute oder müde, wird dauernd gehustet und geschnäuzt... Das beeinflusst immer alle Schauspieler.
Julia Jentsch: Schon oft, ja. Ein bisschen Aufregung ist immer.
Julia Jentsch: Manchmal springt man dann rum und muss irgendwie laut schreien, um sich ein bisschen abzureagieren. Manchmal versucht man nur tief durchzuatmen ganz ruhig und sich auf den Beginn des Stücks zu konzentrieren. Das hilft dann am besten.
Julia Jentsch: Nein. Leider nicht. Wenn ich weiß, da ist jetzt in einem Stück so eine Stelle, wo ich weinen müsste, dann versuche ich, mich so darein zu steigern, dass ich dann wirklich weinen kann. Aber wenn das nicht ist, dann äußert sich die Trauer eben anders.
Julia Jentsch: Gute Frage. Ich glaube, dass ich durch die Beschäftigung mit Sophie Scholl mehr verstanden habe über die Zeit. Es bleiben trotzdem ganz viele Dinge, die für mich ganz, ganz schwer zu verstehen sind oder die ich immer noch nicht nachvollziehen kann. Ich weiß nicht, wie das wirklich ist, wenn du von SS-Männern und Gestapoleuten bewacht bist, wenn es für die verschiedensten Dinge die grauslichsten Strafen gibt.
Julia Jentsch: Da habe ich mich nicht gut gefühlt, weil es eine gruselige Szene war, vor allen Dingen, weil es eine echte Guillotine war. Trotzdem habe ich auch da versucht zu verstehen, was sie da empfunden haben kann. Es gibt die Beschreibung von ihrem Henker, der sagte, er habe noch nie jemanden so aufrecht zur Guillotine gehen sehen wie die Geschwister Scholl, Hans und Sophie. Man wusste, sie hat da nicht geweint, sie hat sich nicht gewehrt oder geschrieen.
Julia Jentsch: Es läuft beim Drehen relativ technisch ab, also das wird dann alles geprobt. Der Henker kommt da rein, dann gibt es Zeichen, dann fasst er sie an, hebt sie hoch, legt sie hin. Also, Julia, du legst dich jetzt so hin, dann wartest du, dann guckst du dahin...
Julia Jentsch: Es wurde für die Szene ausgetauscht und war aus einem anderen Material, das leichter war. Es hätte trotzdem wehgetan, wenn es runtergefallen wäre. Aber die haben das alles gesichert mit Bändern und Schrauben. Da hat jeder die größte Angst, dass beim Dreh so etwas passiert. Es gibt Filme, wo jemand wirklich erschossen wurde, weil man dachte, da sind Platzpatronen drin und ...
Julia Jentsch: Man sagt, wenn man sich das vorm Schlafengehen noch einmal anguckt, das sich das sehr gut einprägt. Das habe ich auch gemerkt. Ich bin nicht so, dass ich mit Freude Text lerne, es ist das notwendige Übel, ich muss mich ganz schön dazu überwinden.
Julia Jentsch: Von der Arbeit her kenne ich nur das Kino hier. Es gibt ganz viele tolle Regisseure, Regisseurinnen, ganz tolle Schauspieler. Ich sehe selber sehr gerne deutsche Filme oder Filme aus Europa. Aber es gibt tolle Hollywood-Filme. Ich glaube, es ist sehr anders, aber auch spannend, alles viel größer, es geht um viel mehr Geld.
Julia Jentsch: Die Menschen, die ich kennenlerne, sind oft sehr spannende, interessante Menschen. Dann gemeinsam eine Geschichte erzählen, sich selber immer wieder mit neuen Zeiten, neuen Geschichten, neuen Menschen, neuen Schicksalen auseinanderzusetzen, und versuchen, das nachzuempfinden.