Wie ihr seht, habe ich es mir zugetraut

  

Christine Hohmann-Dennhardt, Vorstandsmitglied der Daimler AG

 im Gespräch mit den Schülerreportern des Bösen Wolfes

 

Die Bösen Wölfe waren in Stuttgart und haben ganz viel über Daimler erfahren. Daimler baut die Autos mit dem berühmten Stern, aber nicht nur, es ist eins der größten deutschen Konzerne. Dort konnten sie mit Christine Hohmann-Dennhardt sprechen, die zu Deutschlands mächtigen Frauen gehört.

Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin, ist seit Februar 2011 im Vorstand von Daimler tätig. Dort muss sie sich gegen sechs Männer behaupten, denn sie ist die einzige Frau im Vorstand! Hier kannst du den ersten Teil des Interviews lesen, das die Bösen Wölfe mit ihr geführt haben.

Zum zweiten Teil des Interviews >>>

 

 

 

Eine Frau im Vorstand von Daimler >>>

                Engagement >>>

Ich bin ein Mädchen, toll! >>>

            Internet >>>

Ich bringe gern etwas voran,>>>

 

 

 

Eine Frau im Vorstand von Daimler

Sie sind jetzt seit einem Jahr bei Daimler. Ist es so, wie Sie es erwartet haben oder hatten Sie sich das ganz anders vorgestellt?
Man kann sich eine neue Situation vorher nie richtig vorstellen, aber man bringt seine Erfahrungen mit und stellt dann fest, so anders ist es gar nicht.

Natürlich ist man neugierig und versucht so schnell wie möglich viel zu entdecken, zu erfahren und kennen zu lernen. Wenn ihr auf eine neue Schule kommt, ist es ähnlich.

Wie wird man Vorstandsmitglied von Daimler. Soll man sich bewerben oder wird man ausgesucht?
Bei solchen Positionen kann man sich nicht bewerben. Man wird gefragt und kann dabei auch überrascht werden. In dem Moment, als der Vorstandsvorsitzende von Daimler, Dieter Zetsche mich fragte, war ich durchaus überrascht. Aber wir kannten uns, ich wusste, dass er es sich genau überlegt hat. Dann ist die Frage, ob man sich diese Aufgabe zutraut. Wie ihr seht, habe ich es mir zugetraut.

 


Engagement

Was hat Daimler dazu bewogen, diesen neuen Bereich, den Sie jetzt leiten, einzurichten?
Wir wollen damit zeigen, dass wir nicht nur großen Erfolg im Verkauf haben wollen, sondern dass es auch darauf ankommt, wie wir unsere Geschäfte betreiben. Wir wollen „anständig“ Geschäfte machen, im doppelten Sinne. Das heißt einerseits anständig hinsichtlich der Erträge, aber auch andererseits anständig in der Art und Weise.

Haben Sie auch mit Menschenrechten zu tun?
Ich bin verantwortlich für die Achtung und Wahrung von Menschenrechten im Unternehmen. Daimler hat sich schon vor mehr als zehn Jahren dem „Global Compact“ angeschlossen.

Was bedeutet „Global Compact“?

Das war eine Idee von Kofi Annan, dem früheren Generalsekretär der Vereinten Nationen. Kofi Annan hat in diesen „Global Compact“ ganz wichtige Grundrechte wie die Achtung der Menschenrechte geschrieben. Betont werden darin auch das Verbot der Kinderarbeit und die Rechte von Kindern. Diesem Pakt, in dessen Rahmen sich Unternehmen für solche Rechte einsetzen, hat sich Daimler angeschlossen, und ist in die Führungsgruppe des „Global Compact“ aufgenommen worden. Wir haben uns dieses Jahr vorgenommen, den „Global Compact“ unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch weiter zu verbreiten, auch im Ausland. Denn hier, in Deutschland, ist es selbstverständlich, dass man gegen Kinderarbeit ist, aber in anderen Ländern sieht es anders aus. Da müssen wir hingehen und sagen: Daimler toleriert Kinderarbeit in keinem Fall.


Warum engagiert sich ein so großes Unternehmen wie Daimler in sozialen und kulturellen Bereichen?
Früher hat niemand danach gefragt, wie Kleidung produziert wurde. Heute ist das den Leuten wichtig. Sie fragen auch danach, wo man sinnvoll Geld anlegen kann und was man damit unterstützt. Die Sensibilität, Verantwortung zu übernehmen, ist gewachsen. Wenn man diese Verantwortung ernst nimmt, kann es das Ansehen eines Unternehmens stärken. Für uns bei Daimler ist es sehr wichtig, unsere Verantwortung wahrzunehmen.
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Ich bin ein Mädchen, toll!


Muss eine Frau, um Karriere zu machen, besser sein als ein Mann?

Immer weniger. Ich war oft die einzige und die erste Frau, zum Beispiel habe ich in Hessen als erste Frau ein Gericht geleitet. Das brachte manchmal auch Schwierigkeiten mit sich. Man wurde beäugt, es gab Diskussionen unter meinen Richterkollegen, die gefragt haben, ob man als Gerichtsdirektorin rote Fingernägel haben kann. Sie haben sich aber sicherlich nie darüber unterhalten, ob ein Richterkollege zu enge Streifen auf seinem Schlips hat. Wenn eine Frau Fehler machte, wurde gesagt, na klar, sie ist doch eine Frau. Bei einem Mann hat man eher gesagt, na gut, jeder macht mal einen Fehler.

Ist es heute nicht mehr so?

Da hat sich einiges geändert. Wir sind mit der Gleichberechtigung noch nicht so weit, wie wir sein sollten, aber es gibt immer mehr sehr gut ausgebildete und elbstbewusste junge Mädchen und Frauen. Man muss sich heute nicht mehr sagen, ich bin „nur“ ein Mädchen, sondern: ich bin ein Mädchen - toll!

Verändert man sich, wenn man eine solche Führungsposition ausübt?
Es ist schwer, das selbst zu beurteilen. Man verändert sich immer durch Erfahrungen. Aber man sollte versuchen, nicht abzuheben. Da ist es gut, wenn man Familie und Kinder hat. Kinder holen einen wieder aufden Boden zurück. Wenn man sich mit ihnen über bestimmte Themen unterhält, ist man die Mutter, man schwebt nicht über den Wolken.

Hätten Sie eine so wichtige Arbeit machen können, als Ihre Kinder klein waren?

Ja, ich habe sie ausgeübt. Das war manchmal schwierig, denn es gab noch keine Kinderkrippe. Ich wollte aber Kinder haben und arbeiten gehen. Damals habe ich mir eine gute Kinderfrau gesucht, dafür ging mein Gehalt drauf, aber es ermöglichte mir beides.


Was halten Sie von einer Frauenquote in der Wirtschaft?
Was bedeutet eine Frauenquote eigentlich? Das bedeutet, wir wollen, dass Frauen gleiche Chancen haben und dass mehr Frauen als bisher bei uns arbeiten. Dieses Ziel hat sich Daimler gesteckt. Das ist nicht so einfach, weil es zum Beispiel in den Studiengängen der Ingenieurwissenschaften noch nicht so einen hohen Anteil an Frauen gibt. Wir sind jetzt bei einem Frauenanteil bei den Führungskräften von knapp elf Prozent, und wir möchten bis zum Jahre 2020 auf 20 Prozent kommen.

Aber 20% sind nicht viel...
Wir wollen das Ziel schrittweise erreichen. Irgendeine abstrakte Zahl in den Raum zu stellen, wie zum Beispiel 50 Prozent Frauenanteil in zwei Jahren, wäre dumm. Man muss realistisch vorgehen und sagen, hier stehen wir, dahin wollen wir. Und dann kommt der nächste Schritt.

In einer Untersuchung steht, dass Unternehmen mit Frauen in den Führungsetagen erfolgreicher sind. Woran kann es liegen?

Ich habe von dieser Studie gelesen und habe sie, das gestehe ich, des Öfteren verwandt, um für mehr Frauen in Unternehmen zu werben. Ich würde das aber nicht auf die Frauen alleine beziehen. Frauen können auf andere Aspekte hinweisen, und es bereichert die Diskussion, genauso wie Frauen von den Argumenten der Männer und ihren Erfahrungswelten profitieren.

Das gilt auch für die verschiedenen Kulturkreise: wenn sich Deutsche, Franzosen und Menschen anderer Nationalitäten an einen Tisch setzen, ist dies immer ein Gewinn. Vielfalt macht auch den Erfolg eines Unternehmens aus.

Arbeiten Sie lieber mit Frauen oder mit Männern?
Das kommt für mich auf die Frau und auf den Mann an. Beim Verfassungsgericht zum Beispiel gab es Kollegen, die komischerweise immer nur Männer als Mitarbeiter fanden. Interessanterweise hatten die Richterinnen mehr weibliche Mitarbeiter.


Können Sie Tipps geben, wie man Chefin werden kann?

Man sollte sich schon in der Schule anstrengen, herausfinden, wo die eigenen Stärken sind und sich fragen, was will ich wirklich machen - aber alles mit Spaß und Freude. Das ist ganz wichtig. Das Studium soll man an seinem Berufswunsch ausrichten und dann mit Selbstkritik, aber genauso mit einer kräftigen Portion Selbstbewusstsein los marschieren. Man darf sich nicht klein kriegen lassen und muss auch mal schlucken, wenn man etwas Falsches gemacht hat. Dann muss man es beim nächsten Mal eben besser machen. Und wenn man eine Absage bekommt, muss man denken, vielleicht ist es beim nächsten Mal eine Zusage.



Internet

Gibt es jetzt neue Gefahren, die es noch nicht gab, als Sie als Juristin begonnen haben?
Damals 1975, gab es noch keine Heimcomputer und keine Handys. Als Direktorin eines Gerichts in Wiesbaden habe ich - als erste Gerichtsbarkeit in Hessen - eingeführt, dass ein zentraler Computer bei uns aufgestellt wurde. Er war in einem gesonderten Raum mit zwei Arbeitsplätzen.

Es war die Gelegenheit für mich, die alten mechanischen Schreibmaschinen zu ersetzen. Damals durfte man nur einen halben Tag lang daran arbeiten, wegen der Augen. Die Mitarbeiter haben sich gefreut und gesagt, gut, das machen wir, wenn wir danach eine elektrische Schreibmaschine kriegen. Zwischen damals und heute hat sich massiv etwas verändert. Auch zum Guten, zur besseren Kommunikation, zur Erweiterung von Horizonten, aber manches davon birgt natürlich auch Gefahren.


 

Ich bringe gern etwas voran...

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten?
Ich komme gern mit Menschen zusammen, ich bringe gern etwas voran, von A nach B. Es macht mir unheimlich viel Spaß, Menschen zu überzeugen, mitzureißen, mitzunehmen.

Was gefällt Ihnen nicht so?

Es ist schade, wenn man in irgendwelche Länder fliegt und nur die Hotels sieht. Man sagt sich, ich war in Peking, aber was habe ich von der Stadt gesehen?

Müssen Sie auch am Sonntag arbeiten?
Ja, aber zu Hause. Da arbeite ich auf, was in der letzten Woche liegen geblieben ist und bereite mich auf die nächste Woche vor.

 

Was tun Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Ausschlafen, Spazierengehen, Schwimmen, mich mit Freunden

treffen…

Was können Sie nicht leiden bei einem Menschen?
Überheblichkeit.

Mögen Sie gerne Sport? Auch Fußball?
Ich schwimme sehr gern, fahre Fahrrad und laufe Ski. Dem Fußball schaue ich gern zu.

Was war Ihr Lieblingsbuch als Kind?
Pippi Langstrumpf, Charlie und die Schokoladenfabrik.

Was ist Ihr Lieblingstier?
Katzen.

 

Gibt es einen Traum, den Sie sich gern noch erfüllen möchten?
Ich möchte gerne noch mehr von der Welt sehen, also nicht nur irgendwo hinfliegen, sondern die Orte wirklich kennen lernen. Und auch wieder mehr Zeit für Freunde haben. Die vermisse ich manchmal.

Was ist Ihr größter Erfolg? Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Der größte Erfolg ist wahrscheinlich der, den man zuletzt gehabt hat, weil er einem besonders am Herzen lag und wichtig ist. Dann sagt man, das hast du geschafft, schön. Stolz bin ich darauf, dass es meinen Kindern gut geht.

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Interview: Alina, Anastasia & David

Zeichnungen: Alica, Alina, Clara, Emilia, Emmanuelle & Zoe

Text und Fotos: © Grand méchant loup | Böser Wolf

Februar 2012

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