Es ist unsere Aufgabe, nicht alles allein zu machen
Ein Gespräch der Kinderreporter des Bösen Wolfes mit dem Europaminister Günter Gloser
Was ist ein Europaminister?
Der Europaminister im Auswärtigen Amt widmet sich insbesondere dem Thema Europa. Europa heißt, Kontakte zu halten, nach Brüssel, zur Europäischen Kommission, zum Europäischen Parlament, aber auch zu vielen Ländern, die in der EU sind. Es sind nicht alle wie ihr wisst: die Schweiz z. B., Norwegen oder Länder des westlichen Balkans sind nicht dabei, und da halte ich auch Kontakte. Ich habe in Vertretung meines Ministers hauptsächlich diese Arbeit zu leisten.
Finden Sie ihre Arbeit stressig?
Ja, aber es ist kein negativer, sondern ein produktiver, ein fruchtbarer Stress. Es ist eine interessante Tätigkeit, mit so vielen unterschiedlichen Menschen zusammen zu kommen, viele Termine wahrzunehmen,Reden zu halten, zu diskutieren, für Europa nauch zu werben, das überdeckt sozusagen den negativen Stress. Denn man ist oft weg von zu Hause, man muss viel reisen...
Welches Land der EU mögen Sie am meisten?
Eigentlich bin ich ein Mensch, der sich überall gern zurechtfindet. Ich habe natürlich sehr viel in den vergangenen Jahren Frankreich besucht und ich muss sagen, dass ich doch immer von den unterschiedlichen Landschaften in Frankreich beeindruckt bin. Wenn mir jemand sagte, Sie haben einen Wunsch frei, wo Sie Ihr Ferienhaus bauen können, da würde ich an erster Stelle sagen: Frankreich.
Ich war jetzt in Kroatien, kann das sein, dass auch Kroatien bald in die EU kommt?
Wenn es aus der Sicht der Kroaten ginge, würden sie so schnell wie möglich dabeisein. Aber ich glaube, vor August 2009 ist es nicht möglich. Viele wollen in die Europäische Union, man muss hart arbeiten, man muss Bedingungen erfüllen, und das wird jedes Jahr von der Europäischen Union geprüft und überwacht. Mit den Regierungen wird auch besprochen, was gut läuft – und was nicht so gut läuft, das müssen sie ändern. Wenn man feststellt, ihr habt so viele Fortschritte gemacht, wird man sich verständigen und sagen, jetzt nennen wir ein Beitrittsdatum.
Das ist ein bisschen wie in der Schule mit Sitzenbleiben oder nicht! Arbeiten Sie mit allen Ländern der EU?
Ich habe in der Tat sehr viele Kontakte. Es gibt nicht in allen Ländern der EU Europaminister, aber ich habe z.B. in Paris meinen französischen Kollegen getroffen, bin nach Brüssel gefahren, habe meinen britischen Kollegen getroffen, dort habe ich auch mit dem irischen Europaminister gesprochen, und so geht es immer die Reihe herum. In Slowenien gibt es einen Europaminister, den werde ich dann im Oktober treffen.
Was ist das Komischste, was Ihnen bei der Arbeit passiert ist?
Ich bin einmal in Nürnberg in einen Omnibus eingestiegen und hatte nicht genug Kleingeld für die Fahrkarte dabei. Ich hatte natürlich Angst, wenn ich von dem Kontrolleur erwischt werde, dass er dann sagt: „Zeigen Sie mir Ihren Ausweis. Also, Sie, als Staatsminister, und schwarz fahren.“ Ich habe überall geguckt, ob ich da 2 € finde, ich hatte nur einen 100 € Schein, und da kam ein älterer Herr und sagte: „Herr Minister, fahren Sie mit mir mit.“ Das war mir peinlich, da ist ein Rentner und du bist ein gut bezahlter Europaminister. Er sagte, als Senior könne er ab 9 Uhr eine Person frei mitnehmen. „Herr Staatsminister, Sie sind auch Abgeordneter in meinem Wahlkreis, jetzt fahren Sie einfach mit.“ Es war eine schöne Geste.
Haben Sie noch Kontakte zu diesem Mann?
Ich habe ihn einige Wochen später auf einer Wahlveranstaltung getroffen und dann in Berlin bei einer Debatte und dann vor kurzem wieder im Omnibus. Da hatte ich aber eine Streifenkarte und da sagte er: „Herr Gloser, ich habe Sie nicht gleich erkannt, Sie hätten mitfahren können.“ Aber diesmal konnte ich selber bezahlen.
Interview:
Zeichnungen:
Text, Zeichnungen und Fotos: © Böser Wolf | Grand méchant loup
2007