Brigitte arbeitet ehrenamtlich, also ohne Entgeld, bei den Restaurants du Cœur, auf Deutsch Restaurants des Herzens. Was sie genau tut und was für Restaurants es sind, hat sie uns erklärt:
Ich war gerade in Rente gegangen und wollte deswegen etwas Nützliches machen und anderen helfen.
Es handelt sich dabei um einen Verein, der 1985 von Coluche, einem französichen Komiker, der sozial sehr engagiert war, gegründet wurde. Als er merkte, dass viele Lebensmittel nicht verbraucht werden und es gleichzeitig immer mehr Arme gab, hatte er die Idee eine Organisation zu gründen, um genau diesen Menschen mit den überschüssigen Lebensmitteln in Europa zu helfen. Das war die Grundidee.
Coluche hatte eine Sendung auf Europe 1, einem wichtigen französischen Radiosender. Er hatte eine große Hörerschaft und so konnte die "restos du coeur" gegründet werden. Die ersten Restos eröffneten am 21. Dezember 1985. 2012 gaben sie 115 Millionen Gerichte aus.
Hauptsächlich über Ehrenamtliche. In den 96 französischen Départements gibt es 117 Zentren, es gibt eine große „Einkaufszentrale“, die die Produkte zu Vorteilspreisen kauft. Dann gibt es noch die Lebensmittel, die von der Europäischen Union und von der Lebensmittelbank zur Verfügung gestellt werden. Nicht zu vergessen sind die Spenden, die wir von Bürgern oder Firmen bekommen. Auch viele Künstler engagieren sich: Jedes Jahr veranstalten sie ein Konzert, das "Concert des Enfoirés". Bei diesem Konzert kommt immer viel Geld zusammen.
Sehr oft verteilen wir Essenskörbe an einzelne Personen oder Familien mit alleinerziehenden Eltern. In einem Korb sind Lebensmittel für zwei Gerichte pro Woche. Kinderreiche Familien kommen dreimal in der Woche. In den Körben sind Zutaten für ausgewogene Gerichte: Gemüse, Milchprodukte und Obst. In Fontenay, wo ich arbeite, haben wir das Glück, einen großen Supermarkt zu haben, der uns täglich einen ganzen LKW mit Lebensmitteln spendet. Die Gemeinde stellt den LKW zur Verfügung und Freiwillige holen die Lebensmittel ab.
Ja, allerdings muss man für die Anmeldung einige Bedingungen erfüllen: Alle, die einen Wohnsitz haben, müssen ihre Mietausgaben nachweisen, man muss angeben, welche staatlichen Hilfen man bezieht, welche Familienzuschüsse man bekommt, denn man darf alles in allem eine bestimmte Summe nicht überschreiten.
Ich komme morgens gegen 7h30, da sind schon eine Menge Obst- und Gemüsekisten und Milchprodukte vom Supermarkt gekommen. Die müssen sortiert werden, weil manche Produkte nicht mehr lange haltbar sind. Man muss auch Portionen vorbereiten. Das ganze Fleisch, das die Restos du Cœur bekommen, ist tiefgefroren und man muss es in kleinere Tüten verpacken, für einzelne Portionen. Danach baut jeder - wir sind um die 10 Leute - seinen Stand auf und wir geben bis ca. 11h30 Essen aus. Gegen 11h30/11h45 räumen wir auf und bereiten noch einmal ein paar Sachen vor, machen sauber, damit alles für den nächsten Tag fertig ist.
Von Montag bis Freitag. Offiziell sind die Restos du Cœur von November bis März geöffnet, aber wir hier fangen schon im September an und schließen erst im Mai/Juni, aber da sorgen wir nur noch für die sehr Bedürftigen.
Jeder Bedürftige hat eine Karte, auf der sein Nachname, sein Vorname, seine Adresse und auch die Anzahl an Portionen steht, die ihm zustehen. Einer Person stehen 8 Portionen (es sind 8 Punkte) zu. Dafür bekommt man 4 Hacksteaks, 2 Fische und 2 Konservendosen oder Eier. Jedes Lebensmittel hat einen Punktewert und die Leute können sich dann aussuchen, was sie am liebsten mögen. Mit Lebensmitteln die nicht erfasst sind können wir den Leuten zum Beispiel an Festtagen eine Freude machen.
Ja. Wir geben warme Mahlzeiten für die Obdachlosen aus. Wir bringen Ihnen hartgekochte Eier, Wurst, Brot, eben Dinge, die einfach zu essen sind. Es gibt ein paar Leute, die extra herumfahren, um warmes Essen an die Obdachlosen zu verteilen.
Nein, es gibt auch eine besondere Hilfe für Babys: Wir bieten Babynahrung an, Windeln, Hygieneartikel. Und wir beraten die Eltern zum Thema Erziehung. Letztlich hat unsere Arbeit aber auch noch zwei andere Seiten: Zum einen die Resozialisierung. Wir versuchen also den Menschen dabei zu helfen, eine Wohnung und eine Arbeit zu finden. Zum anderen eine kulturelle Seite: Wir organisieren kulturelle Veranstaltungen, zum Beispiel gibt es an Weihnachten ein großes Fest mit Geschenken und einem leckeren Essen.
Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Leuten. Wir versuchen uns immer nach den Neuigkeiten zu erkundigen. Am Ende des Essensparcours – das kann man so nennen, denn es gibt viele Stände mit unterschiedlichen Produkten – bieten wir noch Kaffee, Tee und heiße Schokolade an und da ist dann immer ein bisschen mehr Zeit zum Plaudern.
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