Ein Gespräch der Kinderreporter des Bösen Wolfes mit der Frauenärztin Gerlinde Treptow
Gynäkologie (=Frauenheilkunde) ist eine spezielle Ausbildungsart in der Medizin. Facharzt nennt man das. Ende der siebziger Jahre war die Frauenbewegung ganz groß. Da haben die Frauen um die Legalisierung der Abtreibung (Paragraf 218) sehr gekämpft, auch gegen Gewalt, gegen das Patriarchat (= Männerherrschaft). Ich habe mich da in einer Frauengruppe engagiert, und am Ende des Studiums war klar, dass ich etwas mit Frauen machen würde, und da bietet sich natürlich Frauenheilkunde an.
Man hat auch nicht nur mit kranken Menschen zu tun, sondern mit ganz vielen gesunden Frauen. Sie kommen, weil sie schwanger sind oder nicht schwanger werden wollen, oder zu einer Früherkennungsuntersuchung. Es kommen auch Patientinnen mit bösartigen Erkrankungen. Frauenheilkunde ist sehr spannend und sehr anspruchsvoll.
Man muss eine Facharzt-Ausbildung machen. Der Alltag war am Anfang ganz furchtbar, weil ich ganz große Angst vor dem Kreißsaal hatte. Das ist der Ort, wo die Kinder zur Welt kommen. Eine Geburt verläuft zwar meistens gut, aber wenn es nicht gut geht, ist es wirklich dramatisch.
Ich musste im Operationsaal mithelfen, manchmal stand ich stundenlang mit Mundschutz, Haube und Kittel. Dort war es total heiß und man durfte nicht umfallen. Als Anfänger fällt man mindestens einmal in Ohnmacht. Ich natürlich auch.
Auf der Station musste man die Patientinnen über ihre Krankheiten aufklären, viele Gespräche führen und oftmals auch trösten.
Ganz schlimm waren die Nachtdienste. Nachts kommen auch Kinder oder Menschen, die sofort Hilfe brauchen. Das sah praktisch so aus: wir haben von 7 Uhr früh bis 15 Uhr gearbeitet. Dann begann der Bereitschaftsdienst bis morgens um 7 Uhr. Dann ging es weiter mit der Stationsarbeit, und erst nachtmittags um 15 Uhr konnte man nach Hause gehen. Und das zweimal die Woche. So sah der Alltag aus: ich habe fast nur gearbeitet und sonst geschlafen. Das war am Anfang. Nach zwei Jahren dort konnte man nach einer Nacht nach Hause gehen. Als ich meine Ausbildung beendet hatte, hab ich eine Praxis eröffnet.
Es gab vor allem drei Schwerpunkte. Da werden Untersuchungen gemacht, die Patientinnen sind nicht unbedingt krank. Dazu gehört auch die Betreuung von Schwangeren, man testet, ob alles normal verläuft. Sie ist nicht nur für erwachsene Frauen gut, sondern auch für Teenager sehr zu empfehlen. Für Mädchen bedeutet der erste Kontakt mit einer Frauenärztin nicht gleich eine gynäkologische Untersuchung. Es gibt zunächst erst ein Gespräch. Ich hielt Sprechstunden für Teenies, oft kamen sie zu zweit. Es wurde nicht nur über Verhütung gesprochen, sondern auch über Menstruation, Bauchschmerzen, erste Kontakte zu Jungs. Dabei war es wichtig, den Gebrauch von Kondomen als Schutz zu betonen. Ich habe auch gesagt, bringt euren Freund mit, wenn es um Verhütung geht. Die Jungs sind seit 10 Jahren mehr aufgeschlossen und stellen auch Fragen. Meistens waren es Frauen mit Brustkrebs. Ich wollte gern etwas für Frauen tun. Und die Vielfalt gefiel mir. Die Praxis war in Berlin-Kreuzberg, es gab Künstlerinnen, Schauspielerinnen, Lehrerinnen, Sozialarbeiterinnen, aber auch Kassiererinnen von Aldi, alle kamen in unsere Gemeinschaftspraxis. Viele Nationalitäten waren vertreten, es war bunt. Ich mochte alles. Was ich aber als belastend empfand, war die große Verantwortung für die Menschen, die mir ihr Vertrauen entgegen gebracht haben, insbesondere die Schwangeren.
Seitdem Gerlinde pensioniert ist, hilft sie bei der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge. Sie berichtet über ihre neuen Aufgaben. Wenn du mehr erfahren willst >>>
Die Ausbildung
Wie sind Sie dazu gekommen, Frauenärztin zu werden?
Wie sah damals Ihr Berufsalltag aus?
Waren Sie auch im Operationsaal?
Wie war es auf der Station?
Gab es auch Nachtdienste?
Arbeit in der Gemeinschaftspraxis
Worin bestand Ihre Arbeit?
Die Früherkennung oder Gesundheitsvorsorge:
Die Verhütungsberatung:
Dann gab es noch die Betreuung von Krebspatientinnen.
Was fanden Sie gut an Ihrer Arbeit?
Was fanden Sie nicht gut an Ihrer Arbeit?
Engagement für Flüchtlinge
Interview: Clara, Chloé, Dagmara, Leopold, Manon und Zoé
Zeichnungen: Alica, Chloé und Gaïa
Text, Zeichnungen und Foto: © Grand méchant loup | Böser Wolf - Februar 2016