Michel Massé, Koch in Paris, erzählt uns, was die Leute in Frankreich gerne essen und trinken. Er vergleicht die französischen Essgewohnheiten mit den Eßgewohnheiten anderer europäischen Länder

Kennen Sie Deutschland?
Ich bin vor zwei Jahren dort gewesen und das Land hat mir sehr gut gefallen.

Dann haben Sie auch den Unterschied zwischen der französischen und der deutschen Küche festgestellt?
In Frankreich isst man mehr Rohkost, Salate. Ich war in Bayern, da isst man viel Püree und große Frikadellen... Das gibt es in Frankreich nicht! Und in Deutschland gibt es kein Brot zum Essen. Noch ein Unterschied: Die Franzosen essen ihr Fleisch normalerweise blutig, im Gegensatz zu den Deutschen, Engländern oder Spaniern. Wenn wir unser Fleisch schneiden, läuft Blut heraus.
Das deutsche Fleisch war mir zu sehr gebraten, aber die Wurst war sehr gut. Mir haben Salat und Rohkost gefehlt, weil ich es gewohnt bin, das zu jeder Mahlzeit zu essen.


Und wie hat Ihnen das Brot geschmeckt?
Es gibt natürlich kein Pariser Baguette, aber das Brot war nicht schlecht.
Ich war in einem kleinen Hotel und zum Frühstück gab es viel Käse und Aufschnitt, das war lecker. So etwas gibt es nicht in Frankreich, da gibt es ein Stück Brot mit Butter und einen Kaffee, fertig aus. Vielleicht ein bisschen Marmelade, aber das wars.

 

Welches Gericht wird bei Ihnen am häufigsten bestellt?
Entrecôte (Steak) mit Pommes.

Unterscheiden sich die Bestellungen am Mittag und am Abend?
Mittags haben die Leute nicht viel Zeit zum Essen. Sie essen, weil sie müssen, da geht es nicht um den Genuss. Das sind dann einfache und vor allem schnelle Gerichte. Abends können die Leute viel länger bei Tisch bleiben und es gibt viel raffiniertere Gerichte.


Gibt es andere Essgewohnheiten im Norden als im Süden Frankreichs?
Man müsste sich eine Trennlinie auf Höhe des Flusses Loire von Osten nach Westen vorstellen, die Frankreich zweiteilt. Im Norden Frankreichs kocht man mit Butter, im Süden mit Olivenöl, das ist schon mal der grundlegende Unterschied.
Im Norden kocht man viel mit Bier, im Süden dagegen mit Olivenöl und Gemüse. In der Bretagne spielen Schweinefleisch und Fisch eine große Rolle, im Osten dagegen eher geräuchertes Fleisch und Räucherschinken, ähnlich wie in Deutschland.


Welches Gericht kochen Sie besonders gern?
Ich mag die südöstliche Küche Frankreichs sehr gern, Ente, Bratkartoffeln, Filets en croûte - das sind Rinderfilets in einem Teigmantel. Was das Feingebäck betrifft, mache ich sehr gerne Tarte Tatin.

Was ist das, Tarte Tatin?

Das ist ein umgedrehter Kuchen. Man gibt Karamell in eine Form und legt Apfelstücke hinein, danach gießt man den Teig darüber (bei einer herkömmlichen Tarte ist der Teig unten). Das wird dann etwa 40 Minuten so gebacken. Wenn man den Kuchen aus dem Ofen holt, lässt man ihn einen Augenblick abkühlen und dreht dann die Form auf einen Teller um. So hat man den Teig wieder unten und die karamellisierten Äpfel oben.


Was trinken die Gäste normalerweise im Restaurant?
Die Leute zwischen 30 und 60 bevorzugen Wein. Von den Jüngeren, den unter 30-Jährigen, bestellen nur etwa 10% Wein im Restaurant. Die jungen Leute trinken lieber Wasser. Und leider trinken sie immer mehr süße Getränke wie Limo und Cola.


Bestellen die Leute auch mittags schon Wein?
Ja, aber nur in vernünftigen Mengen, ¼ Liter.


Auch die, die arbeiten?
Ja, natürlich. Selbst die Leute, die fahren. Aber ¼ Liter, das sind zwei kleine Gläser, wenn man dazu noch etwas gegessen hat, ist das nicht besonders viel.

Gibt es in Frankreich feste Essenszeiten?
In den Restaurants wird mittags zwischen 12h und 14h gegessen und abends zwischen 19h30 und 23h. Abends essen wir später als in Deutschland. Zuhause essen die Leute gegen 20h zu Abend.


Welche Käsesorten werden besonders gern gegessen?
Die Käsesorten, die am meisten gegessen werden, sind: Camembert, Cantal - ein Käse, der sehr geschätzt wird, da er sich lange hält und mit der Zeit weiterreift, also nicht immer denselben Geschmack hat.

Ansonsten gibt es in Frankreich 400 verschiedene Sorten Käse, darunter z.B. Ziegenkäse, den man auf einer Scheibe Brot schmelzen lässt und auf Vorspeisensalate legt.



Was gibt es bei Ihnen für Vorspeisen?
Sehr beliebt sind Pasteten, inzwischen auch Salate, da mehr Wert auf Gewicht und gesunde Ernährung gelegt wird: also gemischte Salate mit Käse, Schinken, Lachs oder Nizza-Salat mit Reis oder Thunfisch.


Bieten Sie viele Gerichte an?
An Hauptgerichten haben wir hauptsächlich Fleisch mit Kartoffeln, seien es Pommes, sei es Gratin, weil die Leute das nicht zu Hause essen. Wenn man zu Hause etwas frittiert, riecht das ganze Haus nach Fett und der Geruch setzt sich in den Vorhängen fest, ganz einfach. Ansonsten essen die Leute gern Geflügel, Hähnchen oder Ente.
Käse wird heutzutage eher selten bestellt, wenn er nicht zum Menu gehört, weil die Leute schon gut satt sind und lieber noch Platz für den Nachtisch lassen. Als Nachtisch gibt es dann Obstkuchen, Schokoladenkuchen, Crème brulée, Karamellcreme oder Eis. Und die Mahlzeiten enden immer mit einem Espresso.


Interview: Chloë, Emmanuelle, Gaïa, Jeanne und Leopold

Zeichnungen: Alexandre, Alina, Emmanuelle, Emil, Fanny und Isabel

Text und Zeichnungen © Grand méchant loup | Böser Wolf

In Frankreich isst man mehr Rohkost, in Deutschland gibt es kein Brot zum Essen...

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