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Ich wollte irgendwie herausfinden,

wo meine Grenze gesetzt ist

Ein Interview mit dem deutschen Hochspringer Eike Onnen

 

Die Bösen Wölfe haben den Deutschen Meister 2005 und 2006 in Hannover besucht und ihm Fragen zu der anstehenden Leichtathletik-WM in Berlin gestellt.

 

Hier kannst du Spannendes über folgende Themen lesen:

1. Wie alles begann >>>

          2. Alltag und Training >>>

                   3. Wie machen Sie das mit dem Springen? >>>

                          4. Ein paar Tipps, um Profi zu werden >>>

 5. Leichtathletik-WM 2009 >>>

      6. Rekorde >>>

           7. Doping >>>

               8. Zu guter Letzt >>>

  Foto:  AFP 

Wie alles begann...

Liegt Springen in Ihrer Familie?

Ja, meine Mutter war auch schon ziemlich erfolgreich in der Leichtathletik. Sie hat Hochsprung und Weitsprung gemacht.

Sie waren zunächst in einem Fußballverein.Warum haben Sie sich entschieden, Hochspringer zu werden und nicht Fußballer?

Als ich mich beim Fußball mal verletzt hatte, überredete mich meine Mutter - sie war damals Trainerin -  zur Leichtathletik mitzukommen. Da es mir sehr gut gefallen hat, bin ich dabei geblieben.

Warum hat es Ihnen so gut gefallen?

Es hat mich gereizt, dass man komplett auf sich allein gestellt und für seine eigenen Leistungen verantwortlich ist.

Wie alt waren Sie, als Sie sich entschieden haben,

professionell Hochsprung zu machen?

Ich habe mit 16 mit der Leichtathletik angefangen, ich habe auch Zehnkampf gemacht. Als ich mich für den Hochsprung entschieden habe war ich 20. Erst seit 2007 verdiene ich mit dem Sport auch Geld, so dass man das als Beruf bezeichnen konnte.

Hatten Sie ein Vorbild oder jemanden, den Sie bewundert haben?                                                        Bild: Alina, Grand méchant loup | Böser Wolf

Richtige Vorbilder habe ich eigentlich nicht, aber ich wollte dann

irgendwie herausfinden, wo meine Grenze gesetzt ist. Das war mein Ziel.

Alltag und Training

Wie sieht ein normaler Tagesablauf bei Ihnen aus?

Auf jeden Fall zweimal am Tag Training, das heißt vormittags, und dann nachmittags oder abends noch mal. Nach dem Mittagessen gehe ich entweder direkt zum Physiotherapeuten oder es gibt eine Mittagspause.

Also Sie stehen morgens auf und springen dann auf einmal?

Ganz so ist es nicht! Also direkt an der Anlage

Foto:  Grand méchant loup | Böser Wolf                                                      trainiert man nur Technikeinheiten, ansonsten ist es breit gefächert: von Ausdauer bis zu Schnellkraft und Sprungkrafttraining.

Was frühstücken Sie denn so?

Normal, Müsli meistens. Im Moment gibt es da viele Tipps von Ernährungsberatern, dass man viele Fette und Eiweiße essen soll, also esse ich jetzt gelegentlich morgens auch mal Spiegeleier!

Sie trainieren mit Ihrer Mutter, ist das nicht schwierig?

Manchmal ist das ein bisschen schwierig zu trennen, wann ist sie jetzt Trainerin und wann ist sie Mutter. Da gibt es eben schon manchmal Konflikte, bisher war es noch nie so verheerend, dass man sich da wirklich gestritten hat.

 

Wie machen Sie das mit dem Springen?

Der Hochsprung wird ja als Fosbury-Flop gesprungen, das heißt, dass man rückwärts über die Latte rüber springt. Aber es gibt verschiedene Übungen abgesehen von Sprungkraft: Scherensprung, Saltospringen und so weiter.                                                           Bild: Alexander, Grand méchant loup | Böser Wolf

Ist es so: Verschiedene Länder, verschieden Arten zu springen oder kommt es einfach auf den Menschentypen an?

Es gibt zwei Italiener, Zwillingsbrüder, die genau gleich springen. Sonst hat jeder, glaube ich, einen anderen Sprungstil. Und dann hängt es viel von dem Trainer ab: Ob er erkennt, was für ein Typ der Athlet ist und ob er ihm die Freiheit gibt, den Anlauf so zu gestalten,  dass es am besten zu ihm passt.

Wer ist Ihr größter Rivale bei einem internationalen Wettkampf?

Da gibt es unterschiedliche. Ganz vorne mitspringen tun auf jeden Fall mindestens zwei Russen, Iwan Uchov und Rybakow. Es gibt noch einen Schweden, der mittlerweile ziemlich gut ist, Thörnblad, das ist auch ein Konkurrent. Dann gibt es noch einen Kubaner, Moya, der wird von Sotomayor trainiert. Das sind im Grunde die, die auch immer ganz vorne mitspringen.

 

Ein paar Tipps, um Profi zu werden

Wann sollte man als Profi im Hochsprung anfangen?

Zu hart trainieren sollte man auf keinen Fall unter 16 oder 17.

Bis zu welchem Alter kann man das noch professionell machen?

Hochsprung, bis Mitte 30. In Wurfdisziplinen kann man das noch deutlich länger machen,  bis 40 oder sogar etwas darüber. Das hängt also von der Disziplin ab.

  Foto:  Grand méchant loup | Böser Wolf 

Und wann ist sozusagen das beste Alter?

Das kommt auf die jeweilige Entwicklung an, aber ich schätze so von 26 bis 30.

Dann sind Sie gerade richtig! Ist die Größe wichtig für diese Sportart?

Also da gibt es auch wieder Ausnahmen wie Stefan Holm, der ist ja 1,78m, vielleicht 1,80m. Ansonsten bin ich so der Durchschnitt mit 1,96m. Das ist schon von Vorteil, wenn man ein bisschen größer ist.

Sie werfen auch Diskus, wollen Sie das auch noch professionell machen ?

Es gibt ja Mannschaftsmeisterschaften, wo jeder eine bestimmte Disziplin macht. Da werfe ich Diskus mit und das klappt auch ganz gut. Wenn ich dann irgendwann nicht mehr springen können sollte, werde ich Muskeln aufbauen und dann werde ich hoffentlich noch weiter Diskus werfen können.

 

 

   

Leichtathletik-WM 2009

 

                                                                                                          

Berlino,   -> 

das Maskottchen der WM

Wie werden Sie sich auf die Leichtathletik-WM in Berlin vorbereiten?

Seit Oktober 2008 bereite ich mich vor. Im Wintertraining macht man Ausdauer- und Krafteinheiten. Da setzt man die Grundlagen. Im Sommer wird nicht mehr so sehr viel trainiert, da wird die Aufmerksamkeit eher auf die Form gesetzt.

Ist es eine Herausforderung für Sie, auf die Besten zu treffen?

Es gibt Springer, die springen gegen andere Leute. Ich bin eher so ein Springer, der nach einer gewissen Höhe oder nach dem Sieg springt. Ich nehme mir am Anfang des Wettkampfes vor, ganz oben zu stehen, Erster zu werden. Oder ich nehme mir eine Höhe von 2,30m vor, damit ich die auf jeden Fall überspringe.

Ist es gut für einen deutschen Sportler, dass die Leichtathletik-WM in Berlin stattfindet?

Ich finde es angenehm. Es ist eine Art Heimspiel. Weit zu reisen, ist zwar eine schöne Erfahrung, aber auch eine Belastung. Hier kennt man das Klima, und die Zuschauer stehen voll hinter einem, das ist noch mal eine zusätzliche Motivation.

Fühlen Sie sich als Sportler mit den anderen Europäern ein bisschen verbunden?

Als Sportler ist es nicht nur in Europa schon häufig so, dass man mit vielen anderen Nationalitäten zusammen ist und sich sehr gut mit denen versteht. Dadurch, dass man gelegentlich auch im Ausland ist, lernt man das Land dann auch recht schnell kennen und auch die Leute. Eine gute Sache.

Sie haben gesagt, Leichtathletik ist nicht so medienwirksam wie Fußball. Ist das auch schwierig, Sponsoren zu finden?

Ich glaube, es gibt Riesenunterschiede bei den Sponsoren-Summen. Beim Fußball sind es ganz andere Beträge.

Waren Sie auch bei den Olympischen Spielen in Griechenland?

Nein, richtig gut geworden bin ich erst 2007. Ich hatte mich für die Olympischen Spiele in Peking qualifiziert, aber dann habe ich mich verletzt und konnte nicht dahinfahren.

 

Rekorde

Wie hoch ist der Weltrekord?

Der ist 2,45m, da kommt auch keiner mehr ran.

Was ist Ihr Rekord?

Mein Rekord ist 2,34 m. Mein Ziel für die Weltmeisterschaft oder für dieses Jahr ist einmal den deutschen Rekord von Carlo Tränhart zu verbessern, der ist bei 2,37m.

Im Training haben Sie es da schon mal geschafft?

Nein. Im Training springe ich auch ein wenig niedriger, ich bin eher so ein Wettkampftyp. Ich

  Foto:  Grand méchant loup | Böser Wolf                                                   will einmal versuchen, den Rekord zu verbessern und dann bei der Weltmeisterschaft möglichst ganz oben zu stehen.

Was machen Sie, wenn Sie nicht erreichen, was Sie möchten? Sind Sie enttäuscht?

2006 bin ich im Training einmal 2,30m gesprungen, danach kam die deutsche Meisterschaft, wo ich nur 2,23m gesprungen bin. Ich bin zwar deutscher Meister geworden, aber es war für mich ziemlich deprimierend, weil ich dadurch nicht die Norm für die Europameisterschaft bekommen habe, die war bei 2,28m.

Im Nachhinein habe ich daraus eigentlich gelernt, dass man sich damit nicht so unter Druck setzen darf und einfach versucht, nur sein Bestes zu geben. 

Doping

Was halten Sie eigentlich vom Dopen?

Ich persönlich gar nichts. Das ist ein schwieriges Thema. Hier in Deutschland wurden gerade noch mal die Maßnahmen verschärft. Es gibt sicherlich Länder, wo das ein bisschen einfacher ist.

Mit den neuen Regelungen muss man jetzt sehr oft erreichbar sein ?

Ja. Also man muss sich sowieso immer abmelden, wenn man woanders ist als zu Hause. Eine Telefonnummer muss man dann angeben. Außerdem gibt es immer eine Stunde am Tag, in der man auf jeden Fall zu Hause sein muss.

Das ist ja ein bisschen wenig

Privatsphäre...

Ja total. Im Internet muss man auch seinen kompletten Tagesablauf eintragen. Also es könnte auch sein, dass jetzt jemand hier klingelt und sagt: Dopingkontrolle!

Was würde passieren, wenn Sie niemand findet?

Dann gibt es eine Verwarnung und bei der zweiten Verwarnung wird man mindestens zwei Jahre gesperrt.                                                                                     Bild: David, Grand méchant loup | Böser Wolf

Haben Sie schon unerfreuliche Kontrollen gehabt ?

Einmal in der Abendschule. Da musste ich dann kurz raus, das war schon eine unangenehme Situation. Vor allem weil ich versuche, den Sport in meinem Privatleben etwas nach hinten zu stellen.

Würde es sich überhaupt lohnen, im Hochsprung zu dopen?

Also im Hochsprung ist es eigentlich förderlich, etwas ruhiger zu sein. Javier Sotomayor, der den Weltrekord mit 2,45 m gesprungen ist, hatte Kokain genommen! Der wurde ja auch anschließend sofort gesperrt, aber der Weltrekord ist leider bestehen geblieben.

 

 

Zu guter Letzt

Wir machen gerade eine Umfrage für einen Wettbewerb: Was ist Ihre Lieblingserfindung ?

Die beste Erfindung war vielleicht die Bahn.

Und in Frankreich?

Der Camembert ist gut... 

 

 Foto:  Grand méchant loup | Böser Wolf

Wir haben gelesen, dass Sie auch immer noch zur Abendschule gegangen sind. Ist es leicht, Schule und Sport zu verbinden?

Dieses eine Jahr werde ich jetzt komplett in den Sport setzen, damit ich es mir später nicht vorwerfen kann. Aber sonst war es in den Jahren davor eigentlich nicht schwer zu vereinbaren.

Was möchten Sie werden, wenn Sie für das Springen zu alt sind?

Ich mache jetzt erstmal im nächsten Jahr mein Abitur, dann werde ich vermutlich nicht studieren, sondern mit einem Bekannten eine Physiotherapieausbildung machen und mich dann weiterbilden zu einem Osteopaten und Heilpraktiker. Der anatomische Bereich interessiert mich auf jeden Fall sehr, und anschließend wollten wir dann auch sofort eine Praxis eröffnen. So ist der Plan. 

Interview: Alina, André, David und Sidney (14 Jahre)

Für ihre tollen Fragen danken wir auch: Adisa (5. Kl., Mülheim a.d. Ruhr),

Clémence und Nathan (7. Kl. und 4. Kl., Selles sur Cher)

© Grand méchant loup, www.boeser-wolf.schule.de